Die Vertreter der Volkspartei werden morgen zusammenkommen und über den Vorschlag von Frontex entscheiden. Barbara Steinemann und Andreas Glarner treten gegeneinander an.

1/6 Frontex ist die Schengen-Grenzschutzbehörde. Auch der Ausbau wird von der Schweiz mitfinanziert. Getty Images / iStockphoto Ein Teil der SVP wehrt sich dagegen. Darunter Nationalrat Andreas Glarner. „Investitionen in die Schengen-Integration sind ein Fass ohne Boden“, sagt er. 20 Minuten / Simon Glauser Nationalrätin Barbara Steinemann hingegen ist für sie. „Dass die Schweiz das Schengen-Netz verlässt, ist trügerisch. “Wir müssen helfen, den Grenzschutz zu verbessern.” Tamedia

Am 15. Mai wird der Frontex-Vorschlag an der Wahlurne eingereicht. Es geht darum, dass die Schweiz am Ausbau der Schengen-Grenzschutzagentur beteiligt werden soll. Die SVP ist meist gegen eine stärkere Beteiligung am Schengen-Netzwerk. Doch jetzt, wo SP und Grüne gegen das Menschenrechtsgesetz kämpfen, steckt die SVP in einer Zwickmühle. Die Volkspartei bringt ihr Motto an der Delegiertenversammlung am Samstag in Chur auf den Punkt. Auch in den linken Parteien gibt es Risse. Die Umfrage von 20 Minuten und Tamedia zeigt, dass die Basis von SP und Grünen im Gegensatz zur Parteispitze den Vorschlag von Frontex unterstützt.

Soll sich die Schweiz beim Ausbau von Frontex, dem Grenzschutzdienst des Schengen-Raums, beteiligen (siehe Kasten)? Abgestimmt wird am 15. Mai, nachdem eine Gruppe von Menschenrechtlern eine Volksabstimmung gegen den Entscheid von Bundesrat und Parlament durchgeführt hat. Die SP und die Grünen unterstützen ihn. Sie befürworten zwar den Beitritt zum Schengen-Netz, wollen aber den Grenzschutzdienst nicht mitfinanzieren, der laut Gegnern des Gesetzentwurfs Flüchtlinge auf teils unmenschliche Weise bekämpft. Das bringt die SVP in eine schwierige Lage. Denn bei ihr ist es umgekehrt. Er habe nichts gegen die Flüchtlingsabwehr, aber er wolle kein Geld in den Schengen-Beitritt investieren. Wenn er den Frontex-Vorschlag ablehnt, wird er der linken Opposition zum Erfolg verhelfen. Wenn er ja sagt, ist er dafür, den finanziellen Beitrag der Schweiz zu einem System zu erhöhen, das ihr nicht passt.

prominente Unterstützer

Am Samstag entscheiden die SVP-Vertreter in Chur über das offizielle Motto der Partei. Nationalrätin Barbara Steinemann ist für ein Ja. „Wer Nein sagt, will, dass die Schweiz Schengen verlässt. “Aber das täuscht.” Der Bundesrat wird im Falle eines Neins nicht einfach die Mitgliedschaft beenden, sondern eine neue Vorlage ins Parlament bringen und die Linke aufnehmen. „Der Kompromiss wird sein, dass die Schweiz jedes Jahr mehrere Tausend umgesiedelte Flüchtlinge aufnimmt. Das wollen wir nicht.” Die SVP befürwortet einen starken Grenzschutz, deshalb muss die Schweiz beim Ausbau mitmachen. Frontex funktioniert heute nicht gut, die Schweiz könnte helfen, es zu verbessern. “Wer in den Schengen-Raum einreisen will, muss ein ordentliches Verfahren haben.” Steinemann hofft auf ein Ja und setzt auf prominente Unterstützer wie Finanzminister Ueli Maurer, Alt-Bundesrat Christoph Blocher und Fraktionschef Thomas Aeschi. Es hat auch noch keine Kantonsabteilung gefunden, die den Vorschlag von Frontex ablehnt. Bern stimmte sogar mit 94 Prozent Ja, wobei alle Delegierten anwesend waren.

“Eine Grube ohne Boden”

Nationalrat Andreas Glarner hingegen hofft, dass sich die Delegierten für ein Nein entscheiden. „Wenn wir diesen Vorschlag unterstützen, muss die Schweiz jährlich 61 Millionen Franken für den Schutz der Schengen-Aussengrenze bezahlen. «Dieses Geld müssen wir besser investieren, um unsere Grenzen zu schützen», sagte der Aargauer Nationalrat. Ohnehin ist das Grenzschutzsystem offenbar ein Fass ohne Boden: «Bei der ersten Abstimmung über den Schengen-Beitritt 2005 bezifferte der Bundesrat die Kosten für die Schweiz auf 2,5 Millionen Franken. Heute sind wir bei 24 Millionen und in Zukunft sollen es 61 Millionen sein. Das endet nie. Und die Schweiz muss zu allem ja sagen, um nicht ausgeschlossen zu werden. Sich weigern.” Andreas Glarner sagt, er akzeptiere die Zusammenarbeit mit der SP und den Grünen. “Mir wäre es lieber, wenn wir die gleichen Motive hätten.” Aber wenn es die Situation erfordert, geht es eben mit links.

Elite-Basisgraben in SP und Grün

Die SVP ist nicht nur gespalten. Auch zwischen den linken Parteien klafft laut einer Umfrage von 20 Minuten und Tamedia eine Lücke. Die SP und die Grünen unterstützen das Referendum gegen den Frontex-Vorschlag, aber ihre Basis ist mit 59 Prozent (SP) bzw. 52 Prozent (Grüne) dafür. Bei den Grünliberalen, deren Basis zu 80 Prozent Ja sagt, ist die Zustimmung höher, bei den Mittleren mit 75 Prozent. Gemäss Umfrage unterstützt auch die SVP-Basis mit 53 Prozent den Standard. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass sich die Delegierten am Samstag in Chur für ein Ja entschieden haben. Frontex unterstützt die Schengen-Staaten bei der Kontrolle der Außengrenzen des Schengen-Raums. Ab Ende 2019 baut die EU Frontex finanziell und personell aus. Bundesrat und Parlament wollen, dass die Schweiz an der Erweiterung teilnimmt. Es sei im Interesse der Schweiz, sich an den Kontrollen der Aussengrenzen zu beteiligen und damit die Freizügigkeit im Schengen-Raum zu gewährleisten. Innerhalb des Schengen-Raums sind die Grenzen frei überschritten, es gibt nur Vor-Ort-Kontrollen und mobile Grenzkontrollen. Der Personalbestand in der Schweiz wird bis 2027 von rund sechs Vollzeitstellen auf maximal 40 Vollzeitstellen steigen. Der volkswirtschaftliche Anteil der Schweiz soll von CHF 24 Mio. im Jahr 2021 auf rund CHF 61 Mio. steigen. Die Grünen und die SP hingegen führten das Referendum durch, weil die Schweiz ihrer Ansicht nach durch die Unterstützung von Frontex für Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich ist. Laut Bundesrat droht der Schweiz bei einem negativen Votum der Ausschluss aus dem Schengen-Netz.