Bund und Länder haben sich nach vielen Stunden zäher Verhandlungen auf einen Kompromiss zur Verteilung der Kosten für die Behandlung ukrainischer Kriegsflüchtlinge geeinigt. Das gaben die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, und der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, am späten Donnerstagnachmittag bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin bekannt. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erhalten ab Juni eine staatliche Grundsicherung, also dieselben Leistungen wie beispielsweise Hartz-IV-Empfänger. Sie würden dann den anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt, „was auch Sinn macht“, sagte Bundeskanzler Olaf Solz (SPD). Nach Ansicht des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU), ist die Umlage der Kosten für die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge “ein insgesamt vernünftiger Kompromiss”. Auch wenn sich einige Bundesländer mehr Unterstützung vom Bund wünschen, liege der Fokus darauf, eine schnelle und gerechte Lösung zur Entlastung der Kommunen zu finden, sagte der NRW-Chef am Donnerstag nach einer Bundessitzung in Berlin.
Der Bund beteiligt sich an den Wohnkosten
Entscheidungen haben große Vorteile für Kriegsflüchtlinge: Sie erhalten höhere Leistungen und eine bessere Gesundheitsversorgung. Zudem erhalten sie vorab Unterstützung bei der Arbeitsmarktintegration und haben in den Jobcentern eine zentrale Anlaufstelle für ihre Anliegen. Für diese Lösung hatten sich unter anderem Kommunen eingesetzt, weil der Bund für die Grundsicherung zahle. Auch der Bund leistet einen erheblichen Beitrag zu den Lebenshaltungskosten. Der Bund will laut Scholz die Kommunen bei den Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen in diesem Jahr mit 500 Millionen Euro unterstützen. Der Bund will sich mit einer Milliarde Euro an den Kosten für den Anschluss an Kitas oder Schulen beteiligen.
Entwicklung der großen Flüchtlingszahlen unbekannt
Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine noch nach Deutschland kommen, lässt sich laut Bundeskanzler Olaf Solz derzeit nicht beziffern. „Wir können keine realistische Einschätzung abgeben, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entwickeln wird“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagnachmittag nach dem Ländertag in Berlin. Mit der Regelung zur Finanzierung der Ausgaben habe der Bund „einen erheblichen Teil des potenziellen Risikos übernommen“. Spätestens im November werden sie sich wieder hinsetzen und schauen, was für 2023 finanziell notwendig ist. Dann blicken Sie auch auf das laufende Jahr zurück.
Giffey: Setzen Sie ein klares Zeichen
„Heute ist der Weg für viele hunderttausend Menschen in die individuelle Förderung durch das SGB II geebnet, um die Begabungen und Perspektiven von Kindern und Jugendlichen zu nutzen“, sagt Giffey. „Viele Unternehmen suchen Fachkräfte und sind bereit, sich jetzt mit Ukrainern zu beschäftigen“, sagte Giffey. Die neue Bundesregierung sendet eine klare Botschaft. Du lernst aus der Vergangenheit.
Flüchtlinge müssen in der EU keinen Asylantrag stellen
Das Treffen mit Scholz hatte bereits eine Stunde später am Nachmittag begonnen, weil die Staats- und Regierungschefs der Länder ein viel größeres Gesprächsbedürfnis hatten als ursprünglich geplant. Bund und Länder hatten sich auf ihrer Konferenz am 17. März bereits grundsätzlich darauf verständigt, dass die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen ein gemeinsamer Auftrag sein soll. Eine Arbeitsgruppe soll bis zum 7. April eine Entscheidung zur Kostenfrage vorbereiten. Es muss entschieden werden, ob ukrainische Flüchtlinge Leistungen nach dem Asyl- oder dem Grundsicherungsgesetz erhalten sollen. Die Europäische Union hat beschlossen, erstmals die sogenannte Massenzuwanderungsrichtlinie zu aktivieren, um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Diese sieht vor, dass Schutzsuchende keinen Asylantrag stellen müssen, sondern zunächst eine einjährige Aufenthaltserlaubnis erhalten und arbeiten dürfen. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich. Die Zahl ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland liegt bei weit über 300.000. Laut Bundesinnenministerium hat bisher nur die Bundespolizei 316.453 erfasst. Allerdings können Ukrainer ohne Visum einreisen, sodass die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden höher liegen dürfte. Die Bundespolizei stellt inzwischen täglich die Einreise von etwa 3.000 Menschen aus der Ukraine fest. Im März lag die Zahl der Neuankömmlinge bei über 15.000 pro Tag.