Der Dialog zwischen Bürgern und Staat funktioniert in Frankreich nicht gut, das Verhältnis ist von Distanz und Misstrauen geprägt. Nach den Regionalwahlen im Juni 2021 war von einer „zivilen Katastrophe“ und einem „demokratischen Schlag ins Gesicht“ die Rede. Etwa zwei Drittel der Wähler haben weder im ersten noch im zweiten Wahlgang gewählt. Diese Enthaltung hat einmal mehr ein Problem in der französischen Gesellschaft deutlich gemacht. 65 % der Franzosen halten Politiker für korrupt, 80 % glauben, dass sie sich nicht für die Bevölkerung interessieren. Und dabei geht es nicht nur um die derzeit allgegenwärtigen Krisen oder aktuellen Polit-Skandale. Auf der einen Seite Frustration und Ignoranz. Andererseits werden politische Konflikte in Frankreich traditionell mit großer Intensität ausgetragen, unversöhnliche Klassenkonflikte und spontane Arbeitskämpfe sind legendär. Auch in anderen Ländern gibt es nicht wenige gesellschaftliche Interessenkonflikte, die aber anders behandelt werden, in institutionalisierter und gesetzlicher Form, zum Beispiel in der Sozialpartnerschaft in Österreich.