Das Arbeiten von zu Hause aus ist besonders für jüngere Menschen wichtig, so eine Studie der Leitbetriebe Austria, die 1.000 Personen in der Altersgruppe von 14 bis 29 Jahren befragt hat. Fast 83 Prozent der Befragten haben den starken Wunsch, ihre Arbeitszeit frei gestalten zu können, 73 Prozent wünschen sich eine freie Wahl des Arbeitsortes.

Fantasie und Wirklichkeit

Raum für ortsflexibles Arbeiten gibt es in Österreich durchaus. Laut Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) arbeiten 45 Prozent der Erwerbstätigen in Österreich in Bereichen, in denen Homeoffice grundsätzlich möglich wäre. Diese Rate ist bei Frauen etwas höher als bei Männern (47 gegenüber 43 Prozent). öffentliche Diskussion

Was bringt das Büro mit nach Hause?

So verlockend die Idee des flexiblen Arbeitens in den eigenen vier Wänden auch erscheinen mag, die Realität sieht vor allem für Frauen und insbesondere für Mütter anders aus. Eine „Gefahr“ sei die „Vermischung von Hausarbeit, Sorgearbeit und Erwerbstätigkeit“, sagt Ulrike Famira-Mühlberger vom WIFO. „Die uns bekannten Untersuchungen zeigen, dass Frauen während der Corona-Zeit insgesamt deutlich mehr gearbeitet haben“, sagt die Ökonomin.

Die Essenz der Kinderbetreuung

Eines der Hindernisse ist die Kinderbetreuung. Ökonominnen und Ökonomen der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) um Katharina Mader haben während des ersten Lockdowns Frauen und Männer zu diesem Thema befragt. Von den 529 Befragten mit Kindern unter 15 Jahren gab ein Viertel der Frauen an, dass ihr Partner sich während der Arbeitszeit um die Kinder kümmerte. Umgekehrt gab mehr als die Hälfte der Männer an, dass ihr Partner sich während ihrer eigenen Arbeitszeit um die Kinder kümmern würde. 38 Prozent der befragten Frauen gaben an, ihre Kinder während der Arbeitszeit im selben Raum zu betreuen, verglichen mit 19 Prozent der Männer. Eine der „Folgen“ dieses Ergebnisses sei, dass Frauen sich bei der Arbeit weniger konzentrieren könnten, schreiben die Wissenschaftler in einem Blogbeitrag. Dies spiegelte sich auch in der Arbeitszufriedenheit wider, wo deutlich mehr Frauen mit ihrer Situation unzufrieden waren.

Home Office und das Lohngefälle

Eine Hoffnung einiger Ökonomen ist, dass flexible Arbeitsmodelle dazu beitragen können, die Lohnlücke zu schließen oder zumindest zu verringern. Die Rolle des Homeoffice bei der Bekämpfung des Gender Pay Gap sollte laut einer im Februar 2021 veröffentlichten Kurzanalyse von EcoAustria nicht überschätzt werden das Einkommensgefälle zwischen Frauen und Männern.” Getty Images/iStockphoto/QunicaStudio Das Büro hat für viele Arbeitnehmer an Attraktivität verloren – das Arbeiten von zu Hause aus ist sehr beliebt Auf Anfrage von ORF.at sagte die Autorin des Papiers, EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna, der Stand der Studie zum Thema Lohnscherung und Homeoffice sei noch unklar. Aktuelle Studien aus Italien, Ungarn und Japan haben beispielsweise gezeigt, dass Frauen während der Pandemie deutlich mehr Arbeit übernommen haben. In Deutschland hingegen war dies nicht der Fall.

Mehr Arbeitszeit – weniger Lücke

Köppl-Turyna verweist zum Zusammenhang von Home Office und dem Gender Pay Gap auf eine aktuelle deutsche Studie aus dem Jahr 2021, die noch nicht im Briefing enthalten ist. Demnach haben flexible Arbeitsmodelle Frauen ermöglicht, länger zu arbeiten, was den Lohn schmälerte Lücke. „Zumindest in Deutschland hat es den Anschein, dass Frauen länger arbeiteten und dadurch das Einkommen stieg. Bei Männern ist dieser Effekt nicht so stark, das hat etwas aufgeholt“, fasst Köppl-Turyna zusammen. Die Ergebnisse seien ihrer Meinung nach in Österreich relativ gut übertragbar. In beiden Ländern ist der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen hoch. Wissenschaft

„Männerberufe“ arbeiten für Frauen

Die hohe Teilzeitquote liege vor allem an fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten, “und davon kann man mit dem Homeoffice wohl ein bisschen abbauen”, sagt der Ökonom. In Österreich besteht Bedarf an einer deutlichen Ausweitung der Öffnungszeiten, insbesondere im ländlichen Raum. Köppl-Turyna befürwortet einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, der in Deutschland seit fast einem Jahrzehnt besteht.

Die Pandemie befeuert die Vereinbarkeitsdebatte

Aus Sicht der von ORF.at befragten Ökonomen können die durch die Pandemie beschleunigten Veränderungen in der Arbeitswelt durchaus auch positive Seiten haben. „Wenn flexiblere Arbeitsmodelle dazu führen, dass sich Frauen in jungen Jahren weniger aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen, kann sich das positiv auswirken“, sagt WIFO-Ökonomin Famira-Mühlberger. „Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat in der Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen“, sagt Köppl-Turyna. Es ist völlig normal geworden, dass das Kind während eines Videoanrufs den Raum betritt. Entsprechende Videos eines südkoreanischen Experten oder des neuseeländischen Regierungschefs gingen um die Welt. Zudem hat die CoV-Krise das Thema Kinderbetreuung auf die politische Agenda gebracht.