22.07.2022, 02:17 Uhr
Hartz IV soll durch ein Bürgergeld ersetzt werden, einigten sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag. Allerdings haben die Liberalen einige Beschwerden über den Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums. Sie stören sich unter anderem daran, dass Leistungskürzungen erst nach sechs Monaten möglich sein sollen. Die FDP hat große Vorbehalte gegen die Pläne von Sozialminister Hubertus Heil zum Bürgereinkommen. Die Liberaldemokraten pochen auf die Beibehaltung der Strafen für das Nachfolgemodell der Grundsicherung, lehnen die neuen Berechnungsmethoden ab und pochen auf bessere Zuverdienstmöglichkeiten für Leistungsempfänger. Die Einführung des Bürgergeldes ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart und eines der wichtigsten Projekte des Ampelbündnisses. Es wird bereits in der Präambel erwähnt. „Wir ersetzen die Grundsicherung durch ein neues Bürgereinkommen, um die Würde des Einzelnen zu achten und gesellschaftliche Teilhabe besser zu fördern“, sagt er. Am Mittwoch stellte Minister Hale seine Pläne für das Citizens Income Framework vor, das Harts IV nächstes Jahr ersetzen soll. Die Auflagen sollen weniger streng sein als bei Hearts IV. Nach dem Willen des SPD-Politikers soll das Gesetz am 1. Januar in Kraft treten. Bürgergeldempfänger sollten daher sechs Monate lang keine Leistungskürzungen befürchten, auch wenn sie zum Beispiel einen Termin beim Jobcenter verpassen. Die FDP pocht jedoch auf Sanktionen, wenn Betroffene nicht zu den Terminen erscheinen. Solidarität sei keine Einbahnstraße, sagte der für Bürgereinkommen zuständige Bundestagsabgeordnete der FDP-Fraktion, Jens Teutrine. „Als letztes Mittel sind Sanktionen angemessen und notwendig“, sagte er auf die Frage, ob die FDP die von Heil geplante sechsmonatige „Vertrauensfrist“ sanktionsfrei mitgehen würde. Auch FDP-Chef Christian Lindner wies darauf hin, dass viele Menschen nicht verstehen könnten, „dass sie mit ihren Steuern nicht nur Bedürftige unterstützen sollen, sondern auch solche, die bewusst Termine nicht einhalten oder Bildungs- und Arbeitsangebote ablehnen“. Der Finanzminister sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: “Solidarität muss immer die Möglichkeit beinhalten, gesellschaftliche Hilfe nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen.”
FDP versus neue Berechnungsmethoden
Die FDP will laut Teutrine bei den anstehenden Verhandlungen innerhalb der Regierung über das Einkommen der Bürgerinnen und Bürger besonders auf die Änderungen der Nebenverdienstregeln achten. Nach Heils Vorschlägen sollen Schüler, Auszubildende und Studenten, die ein Bürgergeld beziehen, mehr verdienen können. Teutrine forderte, dass die Regeln auch für erwachsene Anspruchsberechtigte angepasst werden. „Bis zum endgültigen Gesetzestext sind noch einige weitere Schritte zu unternehmen“, sagte er. Lindner sagte: „Durch die Kombination des Einkommens eines Bürgers mit einem Job sollten die Empfänger mehr Geld zur Verfügung haben als heute.“
Heils Wunsch, die Regelsätze um 40 auf 50 Euro zu erhöhen und neue Berechnungsmethoden einzuführen, stieß auch bei den Liberalen auf Widerstand. Lindner und Teutrine wiesen darauf hin, dass die Normalsätze ohnehin jährlich an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst würden. “Wir müssen uns daran halten”, forderte der FDP-Chef. Teutrine warnt Verlagsnetzwerk Deutschland vor “unkalkulierbaren Kosten” mit einer neuen Berechnungsmethode. Alleinstehende Erwachsene erhalten derzeit 449 Euro Hartz IV. „Das Bürgereinkommen muss ein Ermöglicher sein und kein bedingungsloses Grundeinkommen“, stellte der FDP-Vorsitzende gegenüber den Funke-Zeitungen klar. Lindner betonte, er setze sich dafür ein, die Lebensbedingungen der Bürgergeldempfänger gegenüber Hartz IV zu verbessern. “Aber die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit während der Sozialhilfe ist übrigens attraktiv. Wir sollten Respekt zeigen, wenn Menschen neben der Grundsicherung einen Minijob oder eine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen.” FDP-Vizevorsitzender Wolfgang Kubicki warnte in der „Bild“-Zeitung vor einer „Konsolidierung der Transferzahlungen“. Auch die Union steht Heils Geldplänen der Bürger skeptisch gegenüber. CDU-Chef Friedrich Merz sagte am Donnerstag, er sei “sehr gespannt, ob es Anreize gibt, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren”. CDU-Vizevorsitzender Carsten Linnemann kritisierte in der „Bild“-Zeitung: „Mit dieser Reform verabschieden wir uns endgültig von der Agenda 2010. Fast zwei Millionen Stellen in Deutschland dürfen nicht unbesetzt bleiben und die Ampeln funktionieren noch unattraktiver mit der Abschaffung der „Unterstützungs- und Challenge”-Prinzip.