Die abgesagte Reise von Bundespräsident Steinmeier hat Empörung ausgelöst – und jetzt auch Verwirrung. Die Ukraine bestreitet, einen ungebetenen Präsidenten Steinmeier zu haben. Es habe keine Anfrage gegeben, sagt Präsident Selenskyj.
Zum gescheiterten Besuch von Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier in Kiew gibt es widersprüchliche Angaben. Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagte bereits heute Nachmittag, dass kein Besuchsangebot Steinmeiers abgelehnt worden sei. Selenskyj selbst habe am Abend gesagt, Steinmeier oder sein Büro hätten keine offizielle Anfrage an die Ukraine gerichtet, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Sicher scheint jedoch, dass Steinmeier in Kiew nicht gesucht wird – der deutsche Botschafter in Kiew sei von der ukrainischen Präsidialverwaltung schriftlich zugestellt worden, sagt die Leiterin des ARD-Studios, Tina Hassel. Daher könnten die Äußerungen aus der Ukraine ein Versuch sein, den Schaden diplomatisch zu begrenzen.
Wut in Deutschland über die Einladung von Präsident Steinmeier aus Kiew
Michael Stempfle, ARD Berlin, Tagesausgaben 22:15 Uhr, 13.04.2022
Solz “genervt”
Dass die Ukraine Steinmeier nicht einlud, hatte Bundeskanzler Olaf Solz zuvor als “etwas peinlich” kritisiert. “Der Bundespräsident würde gerne in die Ukraine gehen”, sagte Solz. Es wäre gut, den Bundespräsidenten zu empfangen.
Ob er die Einladung nach Kiew annehmen würde, ließ der SPD-Politiker in einem Interview im rbb24-Inforadio offen. Er stehe in engem Kontakt mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, sagte Solz. Auch er war kurz vor Ausbruch des Krieges in Kiew.
Zunächst fand ein gemeinsamer Solidaritätsbesuch mit den Staatsoberhäuptern aus Polen, Litauen, Lettland und Estland statt. Die anderen vier Politiker reisten daraufhin ohne Steinmeier nach Kiew.
“Wenn es unterschiedliche Ansichten gibt, dann muss man sich an einen Tisch setzen”, sagte Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der SPD.
Tagesthemen 22:15 Uhr, 13. April 2022
Baerbock: Volle Solidarität
Auch Außenministerin Annalena Baerbock bedauerte, dass Steinmeier nicht nach Kiew gereist sei. “Wir haben gemeinsam über diese Reise gesprochen und ich dachte, es würde Sinn machen”, sagte der Grünen-Politiker am Rande eines Besuchs in Malis Hauptstadt Bamako.
Bayerbok betonte jedoch: „Es ist klar: Wir stehen voll und ganz auf der Seite der Ukraine. Wenn wir die Ukraine bei ihrer Verteidigung vor Ort unterstützen, sind wir voll solidarisch.“
Habeck: „Deutschland wird weg“
Vizekanzler Robert Habeck kritisierte die Absage von Steinmeiers Besuch in der Ukraine. „Der Bundespräsident ist Deutschland. Und deshalb ist seine Einladung von Präsident Selensky eine Einladung aus Deutschland“, sagte der Grünen-Politiker den Funke-Medien.
“Leider muss ich sagen: Der ukrainischen Seite ist ein diplomatischer Fehler unterlaufen.” Auf die Frage, ob er oder Bundeskanzler Olaf Solz (SPD) in die Ukraine reisen würden, sagte er: „Jetzt müssen wir alle aufpassen, dass das Problem nicht eskaliert und nicht eskaliert. Dafür wurden die Telefone erfunden.“ Die gesamte Regierung steht in ständigem Kontakt mit der ukrainischen Regierung.
Merz: Zeichen der Unzufriedenheit
CDU-Chef Friedrich Mertz sprach derweil von Unzufriedenheit in der Ukraine. “Offensichtlich sind die Vorbehalte gegenüber der Russlandpolitik der SPD in vielen osteuropäischen Ländern sehr groß. Und das kann ich verstehen”, sagte er der Rheinischen Post. Die Abwertung eines gewählten Staatsoberhauptes in einem demokratischen Land ist immer noch eine Beleidigung.
Der Botschafter der Ukraine in Berlin, Andriy Melnyk, hatte zuvor seine Einladung an Bundeskanzler Scholz erneuert und mit dem Wunsch des Bundeskanzlers verbunden, sich zur Übergabe schwerer Waffen an ihn zu verpflichten. Im Mittelpunkt des Besuchs von Scholz solle stehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen könne, sagte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk gegenüber ProSieben und SAT.1. Sein Präsident freut sich darauf.