Der Leitzins, zu dem Banken Geld bei der EZB leihen können, wurde von 0 auf 0,5 % angehoben. Die EZB hat für die nächsten Sitzungen weitere Zinserhöhungen angekündigt.
Aussicht auf höhere Zinsen
Der EZB-Rat hatte den Kurswechsel bereits auf seiner vorangegangenen Sitzung im Juni eingeleitet, jedoch eine kleinere Zinserhöhung von jeweils 0,25 Prozentpunkten in Aussicht gestellt. „Der EZB-Rat hielt es für angemessen, einen größeren ersten Schritt in Richtung einer Normalisierung der Zinssätze zu tun, als er auf seiner letzten Sitzung angekündigt hatte“, sagte die Zentralbank. Diese Entscheidung basiert auf der aktualisierten Einschätzung der Inflationsrisiken durch den EZB-Rat. Kritiker werfen der EZB vor, die Zinswende zu spät eingeleitet zu haben. Die Inflation im Euroraum steigt seit Monaten auf Rekordniveau. Gleichzeitig haben sich die wirtschaftlichen Aussichten aufgrund des Krieges in der Ukraine verschlechtert. Wenn die EZB in diesem Umfeld die Zinsen zu schnell anhebt, könnte dies vor allem für die hoch verschuldeten Länder Südeuropas zu einer Belastung werden.
Tool zur Unterstützung von Schuldnerländern
Die EZB legt ein neues Anti-Krisen-Programm auf, damit Zinserhöhungen Länder wie Italien nicht übermäßig belasten und eine Fragmentierung des Währungsraums verhindern. Das sogenannte „Transfer Protection Instrument“ (TPI) soll Staaten bei Turbulenzen an den Finanzmärkten unterstützen.
Neues TPI-Beurteilungstool
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Das „Transmission Protection Instrument“ (TPI) soll dazu beitragen, dass die Geldpolitik im Euro-Raum einheitlich wirken kann und die Refinanzierungskosten der Euro-Staaten nicht auseinanderlaufen. Der TPI soll sicherstellen, dass der Weg der Geldpolitik alle Länder des Euroraums reibungslos erreicht. Wie EZB-Chefin Christine Lagarde mitteilte, kann theoretisch jedes Land der Eurozone von dem Programm profitieren. Es wurde für spezifische Risiken geschaffen, die jeden Staat betreffen könnten. Die EZB will gegen „ungerechtfertigte, ungeordnete Marktdynamiken“ vorgehen, die die Wirksamkeit der Geldpolitik im Euroraum ernsthaft gefährden. „Die Konsistenz der Geldpolitik des EZB-Rats ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die EZB ihr Mandat der Preisstabilität erfüllen kann“, sagte Lagarde. Die Höhe der Anleihekäufe im Rahmen des TPI hängt von der Schwere der Bedrohungen ab. Laut Währungsbeobachtern sind die Märkte „von Anfang an ungedeckelt“. Die anhaltend hohe Inflation zwingt die EZB zum Handeln. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte Ende Juni, der Prozess der Normalisierung der Geldpolitik werde “entschlossen und nachhaltig” fortgesetzt. Andere Zentralbanken wie die US-Notenbank Fed und die Bank of England haben die Zinsen bereits mehrfach angehoben. Im Juni lagen die Verbraucherpreise in der Eurozone um 8,6 % über dem Vorjahresmonat. Für das Gesamtjahr 2022 erwartet die EU-Kommission im 19-Länder-Währungsraum eine durchschnittliche Inflation von 7,6 Prozent. Dies wäre ein Rekordhoch und deutlich über dem von der EZB angestrebten stabilen Preisniveau mit einer jährlichen Inflationsrate von 2 %. Eine höhere Inflation verringert die Kaufkraft der Verbraucher, weil sie sich für einen Euro weniger leisten können. Die Inflation wird von den seit Monaten stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen getrieben. Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat die Lage noch verschlimmert.