Der Spiegel ist wenige Tage nach der Flutkatastrophe an der Ahr in den Urlaub gefahren – seine Gegner fordern nun den Rücktritt des damaligen Umweltministers von Rheinland-Pfalz. Die Landesregierung weist die Kritik zurück.
Die aktuelle Bundesfamilienministerin Anne Spiegel wird im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe an der Ahr im Juli 2021 immer wieder kritisiert. Zehn Tage nach dem Hochwasser trat sie – damals Umweltministerin von Rheinland-Pfalz – einen Familienurlaub an vier Wochen in Frankreich. Der stellvertretende Sprecher der Landesregierung, Sebastian Kuse, bestätigte einen ähnlichen Bericht der „Bild am Sonntag“ gegenüber der Nachrichtenagentur dpa in Mainz unter Berufung auf eine Stellungnahme des Umweltministeriums.
Der Spiegel sei jedoch immer erreichbar, nehme auch per Video an Kabinettssitzungen teil und bewältige die alltäglichen Krisensituationen in seinem Ministerium, heißt es in dem Schreiben. Der Spiegel habe seinen Urlaub einmal unterbrochen, um sich am 10. August ein Bild von der Lage zu machen, hieß es in einer Mitteilung des Umweltministeriums. Die 41-Jährige, die wegen ihrer vier Kinder auf Sommerferien angewiesen ist, ging erst in den Urlaub, nachdem beim Ministerium für Trinkwasser und Abwasser sowie Energie und Abfallsammlung ein Krisenstab eingerichtet worden war.
Mertz fordert die Ausweisung
NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser trat am Donnerstag zurück, nachdem bekannt wurde, dass sie wenige Tage nach der Flut mit 135 Toten gemeinsam mit anderen Regierungsmitgliedern auf Mallorca Geburtstag gefeiert hatte.
Spitzenpolitiker von CDU und CSU fordern nun den Rücktritt des Spiegels. In dem Bericht aus Berlin forderte CDU-Chef Friedrich Mertz Bundeskanzler Olaf Solz auf, den Spiegel zu feuern. „Die für uns zuständige Ministerin hat gekündigt, weil sie zum falschen Zeitpunkt einen mehrtägigen Urlaub verantwortet hat. Es waren neun Tage. Wenn neun Tage für einen Rücktritt reichen, dann sollen sie das in vier Wochen tun.“ Scholz könne den Spiegel nicht in seinem Kabinett belassen, “wenn hier die Maßstäbe in der Politik weiter gelten”.
Zum Verhalten der CDU-Minister in NRW sagte Mertz: „Natürlich ist das nicht sehr instinktiv. Aber vier Wochen Pause bei so einer Katastrophenkatastrophe – das hat eine andere Dimension.“
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Ausstellung aus Berlin, 10. April 2022
„Aus Haftungsgründen“
Laut der Zeitung bezeichnete CDU-Generalsekretär Mario Chaya das Verhalten des Spiegel als “unwürdig”. „Frau Spiegel erweist sich zunehmend als Fehlbesetzung für das ihr anvertraute Ressort. Ob sie Urlaub hat oder nicht, scheint unerheblich. Aktiv ist sie nie.“ Auch CSU-Generalsekretär Stephen Meyer forderte den Rücktritt des Spiegel: „Sie sollten sich ein Beispiel an Heinen-Esser nehmen und Ihr Amt zur Verfügung stellen.“
Die rheinland-pfälzischen Oppositionsparteien haben erneut den Rücktritt der Grünen gefordert. Als Ministerin sei sie unerträglich, sagte CDU-Präsident Christian Baldauf. “Ein stellvertretender Minister, der während dieser Katastrophenkatastrophe vier Wochen pausiert, setzt die falschen Prioritäten.” “Frau Spiegel hat gekündigt. Wann zeigt sie endlich Charakterstärke, zieht die Konsequenzen und handelt?”
Für SMS steht der Spiegel bereits unter Druck
Im März sollte der Spiegel der Landesuntersuchungsstelle Rheinland-Pfalz zu den Überschwemmungen Bericht erstatten. Aufgrund eines SMS-Austauschs mit ihren Mitarbeitern wurde ihr vorgeworfen, dass es ihr in der Flutnacht im Juli 2021 vor allem um ihr politisches Image ginge. Sie wies dies zurück: Den Opfern zu helfen sei ihr von größter Bedeutung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit rund sieben Monaten, sah aber letztlich keine strafrechtlichen Versäumnisse der Landesregierung.