14.04.2022, 20:52 Uhr
Die Fakten klingen hart: Ein Mann soll freundschaftliche Beziehungen zu älteren Menschen aufgebaut haben, die sie später missbraucht und zu einer Testamentsänderung gezwungen haben. Dann versucht er, sie in den Selbstmord zu führen. Aber es fliegt hoch. Ein 43-jähriger Mann aus Nordrhein-Westfalen soll einen 69-jährigen Bekannten tagelang seelisch und körperlich misshandelt und schließlich zu einem Selbstmordversuch gezwungen haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft und der Polizei in Paderborn und Bielefeld scheiterte der Versuch am versehentlichen Eingreifen einer Passantin. Der Verdächtige wird in einer psychiatrischen Klinik behandelt. Die Ermittler werfen dem Mann sogenannten versuchten Mord in indirekter Tat vor und gehen von Geldgier als Motiv aus. Sie prüfen nach eigenen Angaben derzeit, ob der 43-Jährige für eine weitere fast identische Straftat verantwortlich sein kann. Er ist ein 77-jähriger Mann, der einen Suizidversuch mit lebensgefährlichen Verletzungen überlebt hat. Weitere Opfer konnten nicht ausgeschlossen werden, die Ermittlungen liefen. Nach den Erkenntnissen der Ermittler, die auf Angaben des 69-jährigen Opfers aus Iserlohn beruhen, haben sich die beiden Männer vor zwei Jahren über ein Dating-Portal kennengelernt und pflegen seither einen platonisch-freundschaftlichen Kontakt, der vor allem aus Telefonaten bestand. Dementsprechend übernahm der Jüngere mit der Zeit die Regulierung finanzieller Angelegenheiten.
Zwei Tage Folter
Anfang März soll der 43-Jährige jedoch einen Bekannten an seinem Wohnort besucht und ihn zwei Tage lang so schikaniert haben, dass er keine klaren Entscheidungen mehr treffen konnte und den Anweisungen seines Folterers Folge leistete. Es war die Rede von Schlägen, Demütigungen und der Verweigerung von Medikamenten. Nach eigenen Angaben stimmte der 69-Jährige schließlich zu, ein Testament zugunsten des 43-Jährigen zu errichten und sich das Leben zu nehmen. Notfallberatung und Hilfe für Suizid- und Depressionsgefährdete Laut Polizei und Staatsanwaltschaft gab es am 5. März in Begleitung des Verdächtigen tatsächlich einen Selbstmordversuch in einem Wald bei Delbrook. Jeweils ein Passant bemerkte die beiden Männer in einem geparkten Auto und beobachtete den stark geschwächten Zustand des 69-Jährigen. Er rief den Rettungsdienst, was der Angeklagte verhindern wollte, indem er behauptete, sein bester Freund sei wohlauf. Diese kam in ein Krankenhaus.
Der Verdächtige hat „psychische Störungen“
Hinweise auf eine Straftat tauchten nur Tage später auf, als der 69-Jährige die Ereignisse während seines Krankenhausaufenthalts schilderte. Der 43-Jährige wurde laut Ermittlern am 10. März festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Da sich später Hinweise auf „psychische Störungen“ ergaben, wurde der Tatverdächtige inzwischen in einer psychiatrischen Abteilung untergebracht. Nach eigenen Angaben sind die Beamten bei ihren Ermittlungen auch auf den Fall des 77-Jährigen gestoßen. Sie soll den Verdächtigen auch über ein Online-Dating-Portal kennengelernt haben und nach einer Betreuungsphase zunehmend von ihm unter Druck gesetzt worden sein. Dem Verdächtigen wurden große Geldsummen ausgehändigt und er zum Vormund oder Erben eingesetzt. Laut Behörden hatte der 77-Jährige aus Espelkamp im Februar einen Selbstmordversuch unternommen, wurde aber rechtzeitig gefunden. Er sei jeweils durch den Angeklagten durch „massive psychische Beeinflussung“ motiviert worden. Die Ermittlungen zu diesem Fall dauerten jedoch noch an. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten deckte diesen Komplex zunächst nicht ab.