Raiffeisen steht dabei besonders im Rampenlicht. Die Bankengruppe vergibt fast jede fünfte Hypothek in der Schweiz. Es gebe immer noch nichts, was auf eine signifikante Verlangsamung der Hypothekennachfrage hindeutet, sagte er auf Nachfrage. Der Traum vom Eigenheim scheint auch nach steigenden Zinsen intakt zu bleiben – zumindest für diejenigen, die es sich leisten können.

Die Nachfrage bleibt hoch

Ähnlich klingt es bei anderen grossen Instituten, nämlich der Zürcher Kantonalbank (ZKB), der Basler Kantonalbank (BKB) und der Hypothekarbank Lenzburg. Einen direkt mit dem SNB-Entscheid in Zusammenhang stehenden Geschäftsrückgang habe er nicht gesehen, sagt etwa Markus Stocker, Leiter der Finanzabteilung der ZKB. Was sich jedoch geändert hat, sind die Laufzeiten. Nach dem Anstieg der Zinsen bei langfristigen Baufinanzierungen in den letzten Wochen fragen Kunden nun vermehrt nach kürzeren Laufzeiten, weil diese günstiger geworden sind, sagt Rolf Bienenblust. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung der Hypothekarbank Lenzburg und verantwortlich für das Risikocontrolling.

Weniger beliebt sind Festhypotheken

Es klingt ähnlich wie BKB. „Vor nicht allzu langer Zeit haben sich die meisten Menschen für eine zehnjährige Festhypothek entschieden, aber jetzt spüren wir einen Trend zu kürzeren Laufzeiten“, sagt eine Sprecherin. Laut den an der Umfrage beteiligten Instituten konzentrieren sich die Kunden nun stärker auf Saron-Baudarlehen. Diesen Trend bemerken auch Hypothekenvermittler wie Moneypark und Finanzberater wie das VZ VermögensZentrum. Kurzfristige Geldmarkthypotheken seien weiterhin zu attraktiven Konditionen erhältlich, erklären sie. Und obwohl die SNB die Zinsen in naher Zukunft voraussichtlich weiter anheben wird, sollten Geldmarkthypotheken attraktiv bleiben, sagt Moneypark-CEO Martin Tschopp.

Saron Wohnungsbaudarlehen lohnen sich

„Es lohnt sich, die Liegenschaft möglichst lange mit günstigen Hypotheken am Geldmarkt zu finanzieren“, ergänzt Adrian Wenger vom VZ VermögensZentrum. Dann, erklärt er, könnte die Situation für einige private Hausbesitzer unangenehm werden. Theoretisch sollten alle Hypothekarnehmer 4 bis 5 Prozent Zinsen zahlen können, erklärt Wenger. “Aufgrund mangelnder Disziplin bei der Budgetierung der Haushalte trifft dies möglicherweise nicht wirklich auf einige zu”, sagt er.

Sinken die Hauspreise bald?

Ein Anstieg der Festhypothekenzinsen könnte dazu führen, dass sich manche Menschen ihr Eigenheim nur noch schwer oder gar nicht mehr leisten können. Andererseits dürfte auch die Nachfrage nach neuen Hypotheken zurückgehen. Zumindest theoretisch dürfte dies dazu führen, dass die Immobilienpreise wieder sinken, da die Nachfrage nach Wohnraum zurückgehen sollte. Davon ist jedoch noch fast nichts zu spüren. Dagegen bleibt das Preisniveau für Eigenheime in der Schweiz auf einem sehr hohen Niveau. „Die Pandemie hat die Nachfrage weiter angeheizt, aber das Angebot bleibt stagnierend und teilweise sogar rückläufig“, sagt Moneypark-CEO Tschopp. Immobilienexperte zu hohen Zinsen: „Wer eine Hypothek aufnehmen will, muss mehr zahlen“ (01:21)

Die Unsicherheit wächst

Hypothekenexperte Wenger ergänzt, dass bei den Kunden in der Wohneigentumsbranche eine gewisse Verunsicherung bestehe. “Die Leute verbringen etwas mehr Zeit mit der Kaufentscheidung.” Wichtige Preistreiber wie Zuwanderung und Konjunktur bleiben jedoch intakt. Laut dem Immobilienbewertungsportal Realadvisor sind die Preise für Häuser zwischen April und Juni 2022 im Vergleich zum Vorquartal um 1,6 Prozent und für Wohnungen um 1,9 Prozent gestiegen. Bei Renditeliegenschaften ist die Situation etwas anders als bei Wohnimmobilien. Der Anstieg der Zinssätze führt dazu, dass der Preis dieser Immobilien schneller fällt. Denn für die großen Pensionskassen beispielsweise, die aufgrund der Anlagekrise in den letzten Jahren immer mehr in den Immobilienmarkt gedrängt wurden, ergeben sich immer mehr andere Anlagemöglichkeiten. „Die relative Attraktivität solcher Anlagen gegenüber festverzinslichen Anleihen hat mit steigenden Zinsen abgenommen“, erklärt Raiffeisen.

Pensionsgelder werden abgezogen

Laut VZ-Experte Wenger haben sich deshalb einige Versicherungen und Pensionskassen aus dem Hypothekengeschäft zurückgezogen. Sie würden weniger oder keine Hypotheken mehr anbieten. “Deshalb haben Banken weniger Konkurrenz.” Ob diese Marktveränderung wieder Spielraum für höhere Margen bei den Banken schafft, ist fraglich. Die Finanzinstitute selbst zögern jedoch, dies zu tun. Die befragten Institute gaben übereinstimmend an, dass keine Verbesserung der Margen erwartet wird. Zwar dürften die Zinsmargen in der Hypothekarbranche laut Hypothekarbank Lenzburg mittelfristig leicht steigen. „Allerdings dürften nach der höheren Verzinsung über kurz oder lang auch die Zinsen auf Einlagen, beispielsweise auf Spareinlagen, steigen“, betont ein Vorstandsmitglied. „Insgesamt gehen wir daher nicht davon aus, dass wir die Zinsmarge deutlich steigern können.“ (AWP/dvo)