Polizeibeamte haben heute in elf Bundesländern – unter anderem in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein – Razzien gegen ein mutmaßliches Neonazi-Netzwerk gestartet. Hunderte Polizisten durchsuchten in elf Bundesländern die Wohnungen von 50 Verdächtigen, die angeblich einem gewalttätigen Neonazi-Netzwerk in Deutschland angehören. Der Schwerpunkt der Recherchen liege auf Eisenach (Thüringen), es seien aber auch Objekte in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen durchsucht, so die Bundesanwaltschaft sagte am Mittwochmorgen. Nach Informationen des NDR in Niedersachsen wurden zwei Grundstücke im Raum Hannover untersucht sowie je eines in Hildesheim und im Heidekreis. Nach Angaben eines Sprechers der Generalbundesanwaltschaft handelt es sich um insgesamt drei Tatverdächtige aus Niedersachsen.
War er einer der mutmaßlichen Soldaten in Münster?
Einer der Verdächtigen soll sich in Münster aufgehalten haben. Chris Marvin C. diente bei den Panzerkräften in Münster und wurde vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) überwacht, berichtete Der Spiegel am Mittwochmorgen. Das PPA habe G. den Angaben zufolge nicht daran gehindert, ständig Zugang zu Waffen und Munition zu haben. Die Bundeswehr teilte erst am Mittwoch mit, der Mann sei nicht als aktiver Soldat am Standort Münster im Heidekreis bekannt. Keiner der Verdächtigen aus Niedersachsen wurde festgenommen.
Razzien im Norden
Am Mittwoch sind mehr als 800 Beamte der Bundeskriminalpolizei, der GSG 9 Bundespolizei und Beamte der Landeskriminalämter für Festnahmen und Razzien im Einsatz. In Mecklenburg-Vorpommern wurden nach Angaben der Bundesanwaltschaft Wohnungen in den Landkreisen Mecklenburgische Seenplatte, Vorpommern-Greifswald und Rostock von drei Verdächtigen durchsucht, die angeblich Verbindungen zur verbotenen Gruppe „Combat 18“ hatten. Diese gilt als bewaffneter Arm der Neonazi-Bewegung „Blood and Honour“. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur sind Ermittler aus Güstrow, Demmin und Pasewalk im Einsatz. In Schleswig-Holstein seien zwei Häuser im Kreis Plön durchsucht worden, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft.
Die Festgenommenen sollen eine rechtsextreme Kampfsportgruppe angeführt haben
Hinweis auf ein sogenanntes “Nazi-Viertel” in Eisenach. Die Razzien führten zu vier Festnahmen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wurden drei Personen in Eisenach und eine in Rotenburg an der Fulda (Hessen) festgenommen. Die Männer gelten unter anderem als führende Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportgruppe „Knockout 51“ und Mitglieder anderer rechtsextremer Gruppen. „Knockout 51 ist eine Mannschaft, die „unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistische Männer anzieht, sie gezielt mit rechtsextremem Gedankengut katechisiert und für den Straßenkampf ausbildet“, so die Bundesanwaltschaft.
Training in den Hallen der Landes-NPD
Die Schulung fand angeblich in der Landesgeschäftsstelle der NPD in Eisenach statt. Knockout 51 agiert hauptsächlich in Thüringen und ist darüber hinaus bundesweit mit anderen Rechtsextremisten in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg vernetzt. In Eisenach soll die Gruppe versucht haben, einen “Nazi-Kiez” zu schaffen und dort Ordnungsmacht zu werden. Die vier Festgenommenen werden am Mittwoch und Donnerstag dem Ermittler des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden wird.
Netzwerk rund um „Combat 18“ und „Atomic Weapons Division Germany“
Die Festgenommenen und weitere Verdächtige sollen die in Deutschland inzwischen verbotene rechtsextreme Gruppierung „Combat 18“ weitergeführt haben. Weitere Verdächtige sollen Mitglieder der Atomwaffendivision Deutschland sein, einer rechtsextremen Terrororganisation mit Sitz in den USA. Zudem wirft die Bundesanwaltschaft weiteren Verdächtigen vor, Teil des „Sonderkommandos 1418“ zu sein. Ziel dieser Dialoggruppe sei es, „Unterstützer für Terroranschläge im ‚Rassenkrieg‘ und die Zerstörung bestehender demokratischer Systeme durch deren Ersetzung durch ein neofaschistisches System zu gewinnen“, erklärte die Karlsruher Behörde.
Forschung aus 2019 – auch GSG 9 im Einsatz
Gegen Angehörige des „Sonderkommandos 1418“ und der „Atomwaffenabteilung Deutschland“ wird nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes seit September 2019 ermittelt. Einer der Beschuldigten ist Leon R. aus Eisenach, der heute festgenommen wurde. Seine Kontakte zu einem anderen Angeklagten führten zum Beginn der Ermittlungen. Dabei seien “Informationen über persönliche Verbindungen der Beschuldigten in die rechtsextreme Kampfsport- und Musikszene aufgetaucht”, so die Bundesanwaltschaft. Weitere Informationen Sie sollen während eines NATO-Einsatzes rechtsradikale Parolen skandiert haben. Bundeswehr und Staatsanwaltschaft ermitteln. (09.02.2022) mehr Die mutmaßliche rechte Hand befand sich in Lohheide bei Bergen. MAD hatte bei dem Mann eine Liste von Politikern gefunden. Nun ermitteln Verfassungsschutz und LKA. (01.07.2020) mehr In einem rechtsextremen Reservat der Bundeswehr aus Niedersachsen wurde laut “Spiegel” eine Liste mit persönlichen Adressen von Politikern gefunden. Es wurde ein Verbot verhängt. (30.06.2020) mehr Jederzeit zum anhören 8 Min Was in Ihrer Nähe wichtig ist, hören Sie um 15:00 Uhr in der Aufzeichnung der Regionalnachrichten. bei NDR 1 Niedersachsen. 8 Minuten Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen Regional Lüneburg 06.04.2022 | 15:00 Uhr