Beschwerden im belgischen Werk von Ferrero sind offenbar seit Monaten bekannt. © APA
Es ist mehrere Monate her, seit der Salmonellenfall in einer belgischen Ferrero-Fabrik und dem Recycling von Babyprodukten entdeckt wurde. Die Gemeinwohl-Stiftung Comun strebt nun Rechtsmittel gegen die Verheimlichung von Beschwerden an.
Schlimmer kann es für einen Konditor kaum kommen: Salmonellen, Werksschließung – und das alles eine Woche vor Ostern. Ferrero ist seit Monaten von einem Problem in einer belgischen Fabrik bekannt. Doch nun zogen die dortigen Behörden die Notbremse und die Lizenz wurde entzogen. Die Beschwerden sind offenbar seit Monaten bekannt. Die Gemeinwohl-Stiftung Comun erwäge rechtliche Schritte, hieß es in einer Sendung am Samstag.
Salmonellen in Ferrero Babyschokolade: Rückruf auch in Österreich
Auch in Österreich werden vorsorglich ausgewählte Chargen von Babyprodukten zurückgerufen oder aus den Supermarktregalen genommen. Eine detaillierte Liste der betroffenen Produkte finden Sie auf der AGES-Website. Die Gemeinwohlstiftung Comun mit ihren beiden Oekoreich-Bürgerinitiativen und dem Lieferkettengesetz geht nun juristisch vor: „Es kann doch nicht sein, dass ein milliardenschweres Unternehmen offensichtlich monatelang ein schwerwiegendes Problem verheimlicht und damit davonkommt. Dieser Fall zeigt, warum es endlich Verantwortungsentscheidungen geben muss.
Die Common Good Foundation Comun erwägt rechtliche Schritte gegen Ferrero
„Wir erwägen jetzt rechtliche Schritte gegen die Gruppe, auch wenn wir nicht sehr optimistisch sind“, sagte Veronika Bohrn Mena, Sprecherin der Supply Chain Law Initiative und Präsidentin der Community Social Welfare Foundation. “Ferrero ist auch hier kein unbeschriebenes Blatt. Solche Firmen machen Milliardengewinne, übernehmen aber keine Verantwortung für ihre Unregelmäßigkeiten. Damit muss jetzt Schluss sein”, forderte Bohrn Mena. Ergebe die rechtliche Prüfung, bei der ein renommierter Rechtsanwalt beauftragt wird, dass keine Klagemöglichkeit bestehe, werde die entsprechende Gesetzesänderung beantragt, sagte er in der Sendung. Die Gemeinwohlstiftung steht bereits mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in Kontakt und wird im Mai im Rahmen der „Österreichischen Verbraucherdialoge“ einen Runden Tisch zum Lieferkettengesetz veranstalten.
Seit Dezember 2021 bekannter Fall von Salmonellen in einer belgischen Fabrik
Bereits am 15. Dezember wurde Ferrero laut einer Mitteilung von Ferrero France in Luxemburg über einen Salmonellenfall in seinem Werk im belgischen Arlon informiert. Dort wurden jeweils Salmonellen in einem Sieb am Ausgang zweier Rohstofftanks gefunden. Die daraus hergestellten Produkte wurden dann einbehalten. Der Filter wurde ersetzt und die Kontrollen für unfertige und fertige Produkte wurden verstärkt, sagte Ferrero. Am Freitag erreichten die inzwischen begonnenen Ermittlungen der Lebensmittelbehörden schließlich ihren vorläufigen Höhepunkt. Der Süßwarenriese muss die Produktion in der seit Tagen im Rampenlicht stehenden Fabrik in Belgien stoppen. Die Aufsichtsbehörde Afsca kündigte an, die Produktionslizenz für die Anlage als Ergebnis der Ermittlungen zu entziehen. Demnach habe Ferrero in der Untersuchung keine ausreichenden Informationen geliefert. Mitten im wichtigen Ostergeschäft muss Ferrero nun alle Produkte ab Werk zurückrufen, unabhängig von ihrem Produktionsdatum.
Die Produktion wird vor Ostern im Werk Arlon eingestellt
Laut Afsca-Mitteilung sind alle in Arlon hergestellten Kinder Surprise, Kinder Mini Eggs, Kinder Surprise Maxi und Schoko-Bons betroffen. Auch die in einigen deutschen Testshops angebotene Kinder Mix Ostergeschenktüte ist von dem Rückruf betroffen. Afsca forderte auch alle Händler auf, die betroffenen Produkte aus den Einzelhandelsgeschäften zurückzuziehen. Das Werk Arlon kann nur wiedereröffnet werden, wenn alle Vorschriften und Auflagen zur Lebensmittelsicherheit erfüllt sind.
Ferrero räumte im Fall von Salmonellen Fehler ein
Am Freitagnachmittag meldete sich Ferrero erneut zu Wort und räumte Fehler im Umgang mit Rückrufaktionen einiger Produkte ein. Über die Gründe für die einmonatige Lücke zwischen der Entdeckung des Salmonellen-Falls in Arlon und den Rückrufen im April bleibt das italienische Unternehmen im Unklaren: „Interne Mängel“ sorgten dafür, „dass es zu Verzögerungen bei Rückrufen und Informationsaustausch kam“. Infolgedessen seien die Ermittlungen in dem Fall nicht so schnell und effizient wie nötig durchgeführt worden, heißt es in der Erklärung. Seit Anfang der Woche ruft das Unternehmen in vielen Ländern Produkte aus seinem Sortiment an Kindersüßwaren zurück, nachdem zahlreiche Salmonellenfälle im Zusammenhang mit Produkten aus dem Werk Arlon gemeldet wurden. Das Unternehmen betonte zunächst, dass es sich bei den Rückrufen um reine Vorsichtsmaßnahmen handele. Am Donnerstag sagte Ferrero, es arbeite mit europäischen Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden zusammen, um neue Daten zu erhalten, die eine Korrelation zwischen in Europa gemeldeten Salmonellenfällen und seinem Werk in Arlon zeigen.
Kritik von Foodwatch und der EU-Gesundheitsbehörde
Die Verbraucherorganisation Foodwatch steht dem Unternehmen jedoch sehr kritisch gegenüber. „Wenn so ein Fehler passiert, sollte die Bevölkerung sofort gewarnt werden“, sagte Andreas Winkler von Foodwatch am Freitag. Seiner Meinung nach reiche die Eigenverantwortung und Selbstkontrolle der Hersteller nicht aus, „für die Behörden sind Transparenzpflichten notwendig, deshalb müssen Fälle wie Ferrero sofort öffentlich gemacht werden“. Untersuchungen der EU-Lebensmittelbehörde EFSA und der EU-Gesundheitsbehörde ECDC hatten bereits begonnen. Die beiden Behörden meldeten am Mittwoch 105 bestätigte Salmonellenfälle und 29 Verdachtsfälle, die meisten davon bei Kindern unter zehn Jahren. Einige Schokoladenprodukte wurden als möglicher Kontaminationsweg identifiziert.
Durchfall und Bauchschmerzen bei Salmonelleninfektion
Laut der Deutschen Verbraucherzentrale äußert sich eine Salmonellenerkrankung innerhalb weniger Tage nach der Ansteckung mit Durchfall und Bauchschmerzen. Manchmal können auch Erbrechen und leichtes Fieber auftreten. Bei gesunden Menschen klingen die Symptome meist nach einigen Tagen ab. In einigen Fällen können jedoch schwere Erkrankungen auftreten, insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern, älteren Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem.