Sparen können Autofahrer, wenn sie E10-Benzin gemischt mit Bioethanol tanken. Aber die Nachfrage wächst leicht. Es gibt auch Forderungen nach einem Verbot von Biokraftstoffen, damit wir mehr Lebensmittel produzieren können. Von Notker Blechner, tagesschau.de

Angesichts der leeren Rapsölregale in den Supermärkten könnte man fragen: Hat mancher Verbraucher das billigste Pflanzenöl verwendet, um es in den Tank des eigenen Autos zu werfen? Doch das könnte teurer werden als gedacht. Der ADAC warnt davor, dass sich Pflanzenöle negativ auf die Motorleistung und Lebensdauer auswirken. Es kann auch zu Startschwierigkeiten kommen.

Der Automobilclub hingegen sieht in Biokraftstoffen eine echte Alternative zu den klassischen Superbenzinern und Dieseln – allerdings nur als Beimischung. Bis zu zehn Prozent Bioethanol dürfen ab 2011 herkömmlichem Benzin beigemischt werden. An der Tankstelle wird dieser Kraftstoff als E10 verkauft. Sprit ist derzeit etwa sechs Cent günstiger als beim E5. Daher empfiehlt der ADAC E 10 als Kur bei den aktuell hohen Spritpreisen. “Man kann pro Tankfüllung bis zu vier Euro sparen”, schreibt der Lobbyverband. Zudem wird der Straßenverkehr durch den Bioethanolanteil umweltfreundlicher Feldfrüchte jährlich um bis zu drei Millionen Tonnen CO2 entlastet.

Der Anteil stieg auf über 20 Prozent

Tatsächlich haben die hohen Energiepreise die Autofahrer teilweise bereits zum Umstieg bewegt. Laut Bundesverband Deutscher Bioethanol (BDBe) nimmt der Anteil von E10 im Benzinverbrauch stetig zu. Im Januar habe der Marktanteil bei über 20 Prozent gelegen, sagt Gewerkschafts-Geschäftsführer Stefan Walter. Ein Jahr zuvor waren es noch rund 13 Prozent. “Wir haben einen starken Anstieg.”

Inwieweit der Krieg in der Ukraine und die relativen Rekordpreise an der Zapfsäule die Nachfrage nach Biokraftstoffen angeheizt haben, kann Walter nicht sagen. Noch keine Daten. Er erwartet jedoch, dass sich der positive Trend bei Bioethanol stabilisieren wird.

Noch viele Vorbehalte von Autofahrern

Doch von einem Boom will in der Branche derzeit niemand sprechen. Die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber E10 sind nach wie vor sehr groß. „Es gibt ein langfristiges Akzeptanzproblem“, sagte ein Sprecher des Biokraftstoffverbandes. Auch BdB-Geschäftsführer Walter sprach von anhaltendem Informationsbedarf zur E10-Thematik. Viele Autofahrer gehen immer noch fälschlicherweise davon aus, dass der Kraftstoff ihrem Fahrzeug schadet.

Dem widerspricht der ADAC. „Fast alle Benziner sind mittlerweile E10-freundlich“, sagt der Lobbyverband. Alle Fahrzeuge ab November 2010 können den Zusatz von Bioethanol zum Super vertragen. Aber viele ältere Autos könnten auch Benzin mit höherem Ethanolanteil schadlos verwenden. Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) gibt im Internet eine Übersicht, welche Modelle vor 2010 problemlos mit E-10 Benzin nachgefüllt werden können.

                E10-Benzin mit einer Beimischung von bis zu zehn Prozent Bioethanol ist an der Tankstelle ein paar Cent günstiger als normales Superbenzin.  Bild: dpa

Umweltschützer fordern ein Verbot

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung vieler Autofahrer könnten Umweltbedenken gegenüber Biokraftstoffen sein. Viele Umweltgruppen haben die Biokraftstoffhersteller seit Beginn des Krieges in der Ukraine kritisiert. Greenpeace fordert ein Verbot von Biokraftstoffen. „Frisches Öl wie Rapsöl gehört nicht in den Tank, sondern ins Esszimmer“, erklärt Martin Hofstetter, Agrarexperte bei Greenpeace. Zwölf Liter Rapsöl landen pro Einwohner und Jahr im Autotreibstoff – eine Menge, die den Jahresverbrauch für Kochen und Essen deckt.

Unterdessen erhalten Umweltschützer Unterstützung von Teilen der Bundesregierung. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir plädiert dafür, weniger Getreide für Biokraftstoffe zu verwenden. „Weizen und Mais in den Tank zu werfen, ist nicht rentabel“, sagte der Grünen-Politiker. Auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD spricht sich für eine Reduzierung des Anteils von Mais und Getreide in Biokraftstoffen aus. Im Tank sind Mais und Getreide in diesen schwierigen Zeiten am schlimmsten.

Biokraftstoffproduzenten kontern

Die Hersteller wehren sich gegen die Reduzierung oder gar den vorübergehenden Verzicht auf Biokraftstoffe. „Der Einsatz von Biokraftstoffen sollte nicht gesetzlich eingeschränkt werden“, sagt der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie. Der Markt reagiert auf den Krieg, der wirkt. Aufgrund der hohen Rohstoffpreise reduzieren bereits diverse Biodieselhersteller ihre Produktion. „Es lohnt sich derzeit kaum, für Produzenten zu produzieren“, sagte ein Sprecher des Verbands.

Der Verband der Deutschen Bioethanolwirtschaft weist darauf hin, dass nur 4 % der Getreideernte in Deutschland für Bioethanol verwendet werden. „Für die Produktion von Bioethanol werden nur zwei Prozent der Ackerfläche benötigt“, sagt Geschäftsführer Walter. Außerdem kann der verwendete Weizen bestenfalls für Lebensmittel, aber nicht für Lebensmittel verwendet werden.

Die Hersteller liefern auch Futtermittel und Chemikalien

Die Industrie behauptet auch, dass sie mit E10 gleichzeitig zur Ernährung und industriellen Produktion beiträgt. Die Hersteller lieferten nicht nur Energie, sondern auch Tierfutter. Für die E10-Mischung gewinnen die Mühlen nur 40 Prozent Rapsöl aus der Rapssaat. Die restlichen 60 Prozent des Pressrückstands sind eiweißreiches Futter, zum Beispiel für Milchkühe und Geflügel. Diese ersetzten Futterimporte.

Als weitere Nebenprodukte der Biokraftstoffproduktion nennt Stefan Walter vom Bioethanol Industrieverband chemische Grunddünger und organische Düngemittel. Bei der Biodieselproduktion entsteht beispielsweise Glycerin, das in Desinfektionsmitteln, Medikamenten, Waschmitteln und Kosmetika enthalten ist.