Selenskyj stellte eine Revision der gesamten Arbeit des Geheimdienstes in Aussicht. Der ukrainische Präsident hatte sich zuletzt verärgert darüber geäußert, dass mehr als 60 Mitarbeiter von SBU und Generalstaatsanwaltschaft in den besetzten Gebieten geblieben seien. Kiew wertet dies als Hochverrat. Medien verwiesen allerdings auch darauf, dass der 47-jährige Bakanow als Fachfremder nur wenig Autorität unter seinen Angestellten genossen habe.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Ukraine auch den Kampf gegen feindliche Artilleriebeobachter verstärken will. Immer wieder sollen Ukrainer dem Feind Positionen der eigenen Truppen verraten und das feindliche Artilleriefeuer korrigieren. Die Anweisung, gegen solche Verräter vorzugehen, komme direkt vom Präsidenten, teilte dessen Sicherheitsberater Olexij Danilow am Montag mit. Zuvor hatte der Militärgouverneur der von russischem Beschuss schwer getroffenen Region Mykolajiw, Witali Kim, 100 Dollar (knapp 100 Euro) Kopfgeld für die Ergreifung von Artilleriebeobachtern ausgelobt.
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Zuvor war berichtet worden, dass Selenskyj aus Ärger über Verrat im ukrainischen Sicherheitsapparat zwei Schlüsselfiguren entlassen hatte. Inlandsgeheimdienst-Chef Iwan Bakanow sei „vorübergehend von der Erfüllung seiner Aufgaben entbunden“ worden. Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa sei suspendiert worden. Auf die Frage, ob beide auf ihre Posten zurückkehren könnten, wenn die Ermittlungen sie entlasten, antwortet Smyrnow: „Wir leben in einem gesetzestreuen Land, und das kann ich mir natürlich vorstellen.“
„Reihe von Verbrechen wirft Fragen auf“
Am Sonntag hatte Selenskyj mitgeteilt, Bakanow und Wenediktowa seien wegen ihrer Verantwortung für viele Fälle von Kollaboration mit Russland abgesetzt worden. Aus dem Geheimdienst und der Generalstaatsanwaltschaft seien zuvor mehr als 60 Mitarbeiter in den russisch besetzten Gebieten geblieben und kollaborierten mit dem Feind, so Selenskyj.
Es gebe außerdem 651 Strafverfahren gegen Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und anderen Strafverfolgungsbehörden wegen Hochverrats und Kollaboration mit russischen Diensten. In 198 Fällen seien Betroffene informiert worden, dass sie unter Verdacht stehen.
Die entlassene Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa, hier mit ihrem US-Kollegen Merrick Garland in Polen
Quelle: dpa/Nariman El-Mofty
Diese „Reihe von Verbrechen gegen die Grundlagen der nationalen Sicherheit“ werfe Fragen an die Behördenleiter auf, sagte der Präsident. Er bestätigte, dass ein ranghoher SBU-Mann festgenommen worden sei, der früher für die Schwarzmeer-Halbinsel Krim zuständig war. Er solle Informationen an Russland weitergegeben haben.
Bakanow leitete den Geheimdienst SBU seit 2019. Für ihn wurde kein Nachfolger genannt. Der 47-Jährige war ein Freund von Selenskyj seit Kindheitstagen. Beide wuchsen in Selenskyjs zentralukrainischer Heimatstadt Krywyj Rih auf. Bakanow gehört zum Freundeskreis, mit dem Selenskyj die TV-Produktionsfirma Kwartal 95 gründete.
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Das Unternehmen, das lange von Bakanow geleitet wurde, drehte die Erfolgsserie „Diener des Volkes“ mit Selenskyj in der Hauptrolle – die Serie über einen Lehrer, der zufällig zum Präsidenten der Ukraine wird, war die Grundlage für den späteren Wahlsieg Selenskyjs. Die Generalstaatsanwaltschaft soll vorübergehend von Oleksij Simonenko geleitet werden. Die Suspendierung der Generalstaatsanwältin Wenediktowa kommt überraschend. Die Juristin war seit dem Amtsantritt von Selenskyj eine wichtige Figur.
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Als Leiterin der staatlichen Ermittlungsbehörde machte sie von 2018 bis 2020 mit Reformen auf sich aufmerksam, bevor sie als erste Frau in der Ukraine zur Generalstaatsanwältin ernannt wurde. Auch hier machte sie sich einen Namen, zuletzt auch international, als sie zur führenden Figur der ukrainischen Regierung wurde, zuständig für die Aufklärung russischer Kriegsverbrechen, unter anderem in Butscha und in Mariupol.
Die aktuelle Situation in der Ukraine
Quelle: Infografik WELT
Russland konzentriert sich in der Ukraine nach eigenen Angaben auf die Zerstörung von Langstrecken- und Artilleriewaffen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Kommandeuren befohlen, dies zu ihrer Priorität zu machen, teilte sein Ministerium am Montag mit. Die Ukraine hatte zuvor berichtet, seit kurzem aus dem Westen gelieferte Waffen für erfolgreiche Angriffe auf russische Nachschublinien einzusetzen. Das Moskauer Verteidigungsministerium warf der ukrainischen Armee dagegen vor, Wohngebiete in russisch kontrollierten Donbass-Gebieten anzugreifen. Großbritannien teilte mit, laut Geheimdienstinformationen verstärke Russland mit Söldnern der Gruppe Wagner seine Truppen an der Front.
Bei einem russischen Angriff auf ein Wohngebäude in der ostukrainischen Region Donbass sind derweil nach Behördenangaben sechs Menschen getötet worden. Unter den Trümmern des bombardierten Hauses in der Stadt Torezk seien fünf Leichen entdeckt worden, teilten die Rettungskräfte am Montag auf Facebook mit. Drei Menschen seien lebend gerettet worden, einer von ihnen sei aber später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.
Torezk liegt rund 50 Kilometer südlich der Stadt Kramatorsk, die zu den letzten ukrainischen Bastionen in der Industrieregion in der Ostukraine zählt.
Großbritannien: Russland schickt Wagner-Söldner an die Front
Auch aus anderen Regionen wurden russische Raketenangriffe gemeldet. Die Stadt Mykolajiw im Süden der Ukraine sei in der Nacht zum Montag Ziel „massiv mit Raketen beschossen“ worden, teilte Gouverneur Vitali Kim mit. In der nordöstlichen Region Charkiw wurden laut der Regionalregierung innerhalb von 24 Stunden zwei Menschen bei russischen Angriffen getötet. In der Region Dnipropetrowsk wurde nach Angaben des Präsidialamts die Stadt Nikopol in der Nacht zum Montag von den russischen Truppen unter Beschuss genommen. Ein Mensch sei dabei nach bisherigen Erkenntnissen verletzt worden. Bis zu zehn Privatgebäude wurden den Angaben zufolge zerstört. Ein Krankenhaus, zwei Fabriken und der Hafen seien beschädigt worden. Das britische Verteidigungsministerium teilte unterdessen unter Verweis auf Geheimdienst-Erkenntnisse mit, die Söldnergruppe Wagner senke ihre Rekrutierungsstandards und stelle auch verurteilte Straftäter sowie bisher für den Einsatz gesperrte Personen ein. Dies könne potenziell Auswirkungen auf die Schlagkraft des russischen Militärs haben.